Donnerstag, 3. Februar 2022

Zahlreiche Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung!

Außerordentlich viel Lawinenmeldungen seitens der Leitstelle Tirol!

Alles andere als alltäglich war der heutige 03.02.2022 in Bezug auf Lawinenereignisse, die uns von der Leitstelle Tirol gemeldet wurden. In Summe waren es 26 (!):

09:56 Uhr: Lawine Skigebiet Rohrberg / Zell/Ziller (Verschüttete unbekannt)
10:01 Uhr: Lawine Skigebiet Horberg / Schwendau (Verschüttete unbekannt)
10:06 Uhr: Negativlawine Adler Lounge / Kals am Großglockner
10:21 Uhr: Negativlawine Hochsinnalm / Weerberg
10:27 Uhr: Negativlawine Kreuzjochbahn / Fulpmes
10:53 Uhr: Lawine Rodelbahn Gaislachkogel / Sölden (1 verschüttete Person)
11:16 Uhr: Negativlawine Rettenbachalm / Sölden
11:21 Uhr: Lawine Kleiner Rettenstein / Kirchberg (Annahme: 1 verschüttete Person)
11:31 Uhr: Negativlawine Lansergrabenlawine /Lans
11:31 Uhr: Lawine Sonnenspitze - Schartenkogellift / Tulfes (1 verletzte Person)
12:13 Uhr: Negativlawine Speicherbecken Gaisbergbach / Sölden
12:58 Uhr: Negativlawine Joelspitze / Alpbach
13:01 Uhr: Negativlawine Fimbatal / Ischgl
13:10 Uhr: Lawine Roßköpfe / Ötz (1 verschüttete Person)
13:24 Uhr: Lawine Grüblspitze / Tux (1 verschüttete Person)
13:25 Uhr: Negativlawine Tscheyeck / Nauders
13:42 Uhr: Negativlawine Hohe Aifner Spitze / Kaunerberg
14:07 Uhr: Lawine Muttenkopf / St. Leonhard im Pitztal (1 verletzte Person)
14:27 Uhr: Negativlawine Sennjoch / Telfes
14:32 Uhr: Lawine Ochsenkopf / Fendels (1 verschüttete Person)
14:43 Uhr: Lawine Plangger / Fendels (Verschüttete unbekannt)
15:07 Uhr: Negativlawine Plattachbahn / Sölden
15:15 Uhr: Negativlawine Übungsklettersteig Kreuzjoch / Telfes
15:50 Uhr: Negativlawine Saile (Nockspitze) / Götzens
16:45 Uhr: Lawine Verlängerter Steilhang Venet / Zams (Verschüttete unbekannt)
18:03 Uhr: Negativlawine Widdersbergsattel / Axams

Dabei dürften unserem aktuellem Wissensstand zufolge 2 Personen verletzt worden sein.


Lawinenabgang Sonnenspitze / Tulfes. Einfahrtsspur und Verschüttungsstelle. Nord, 40-45°, 2060m (Foto: 03.02.2022)
Lawinenabgang Sonnenspitze / Tulfes. Einfahrtsspur und Verschüttungsstelle. Nord, 40-45°, 2060m Person wurde durch Kameradenrettung ausgegraben. Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits bewusstlos. (Foto: 03.02.2022)


Schneeprofil zum Lawinenunfall Sonnenspitze. Der Bruch erfolgte unterhalb einer dünnen Schmelzkruste auf einer Schwachschicht aus kantigen Kristallen (c) Alpinpolizei
Schneeprofil zum Lawinenunfall Sonnenspitze. Der Bruch erfolgte unterhalb einer dünnen Schmelzkruste auf einer Schwachschicht aus kantigen Kristallen (c) Alpinpolizei



Lawinenabgang im freien Skigelände Skigebiet Sölden. Person war total verschüttet und konnte durch einen aus dem Schnee herausragenden Arm rasch vom Kollegen befreit werden. (Foto: 03.02.2022)
Lawinenabgang im freien Skigelände Skigebiet Sölden. Eine Person wurde total verschüttet und konnte durch einen aus dem Schnee herausragenden Arm rasch vom Kollegen unverletzt befreit werden. (Foto: 03.02.2022)


Schneeprofil zum Lawinenabgang freies Skigelände Skigebiet Sölden. Der Pfeil zeigt auf die für den Abgang relevante Schwachschicht aus kantigen Kristallen unterhalb einer dünnen Schmelzkruste. 2200m, 37°m Ost (c) Tobias Holzknecht
Schneeprofil zum Lawinenabgang freies Skigelände Skigebiet Sölden. Der Pfeil zeigt auf die für den Abgang relevante Schwachschicht aus kantigen Kristallen unterhalb einer dünnen Schmelzkruste. 2200m, 37°m Ost (c) Tobias Holzknecht


Lawinenabgang Horberg. Der Pfeil zeigt die Einfahrtsspur in die Lawine (Foto: (c) Alois Sötckl, 03.02.2022)
Lawinenabgang Horberg. Der Pfeil zeigt die Einfahrtsspur in die Lawine (Foto: (c) Alois Sötckl, 03.02.2022)


Lawinenabgang Kleiner Rettenstein. Aufwändige Suchaktion. Man ging lange Zeit von einer verschütteten Person aus. Schlussendlich stellte sich heraus, dass niemand von der Lawine erfasst wurde. (Foto: 03.02.2022)
Lawinenabgang Kleiner Rettenstein. Aufwändige Suchaktion. Man ging lange Zeit von einer verschütteten Person aus. Schlussendlich stellte sich heraus, dass niemand von der Lawine erfasst wurde. (Foto: 03.02.2022)


Zahlreiche spontane Lawinenabgänge insbesondere am 02.02.2022


Schneebrettlawine Gallreideschrofen im Gschnitztal, die während der Schneefall- und Sturmperiode am 02.02.2022 spontan abgegangen ist (Foto: 03.02.2022)
Schneebrettlawine Gallreideschrofen im Gschnitztal, die während der Schneefall- und Sturmperiode am 02.02.2022 spontan abgegangen ist (Foto: 03.02.2022)


Spontanes, kammnahes Schneebrett in den Osttiroler Tauern vom 02.02.2022 (Foto: 03.02.2022)
Spontanes, kammnahes Schneebrett in den Osttiroler Tauern vom 02.02.2022 (Foto: 03.02.2022)


Schneebrettlawine, die vermutlich durch den Impuls der Sonneneinstrahlung am 03.02. spontan abgegangen ist. Nockspitze / Stubaier Alpen (Anmerkung vom 05.02.: Die Lawine dürfte nach weiteren Recherchen doch NICHT durch die Sonneneinstrahlung ausgelöst, sondern am 02.02. spontan abgegangen sein. (Foto: 03.02.2022)
Schneebrettlawine, die vermutlich durch den Impuls der Sonneneinstrahlung am 03.02. spontan abgegangen ist. Nockspitze / Stubaier Alpen (Anmerkung vom 05.02.: Die Lawine dürfte nach weiteren Recherchen doch NICHT durch die Sonneneinstrahlung ausgelöst, sondern am 02.02. spontan abgegangen sein. (Foto: 03.02.2022) 


Häufig sehr gute Sprengerfolge

Unsere Erfahrung hat uns nicht getäuscht: Die Kombination aus viel Neuschnee, Wind und steigenden Temperaturen während der zweiten Niederschlagsstaffel führte dazu, dass großflächig umspannende und spannungsgeladene "Bretter" entstanden sind. Diese konnten heute in weiten Teilen Tirols häufig mit sehr guten Erfolgen gesprengt werden. Die Lawinen waren vereinzelt sehr groß.



Lawinensprengung oberhalb des Skigebiets Schlick 2000 in den Kalkkögeln. (Foto: 03.02.2022)
Lawinensprengung oberhalb des Skigebiets Schlick 2000 in den Kalkkögeln. (Foto: 03.02.2022)


Lawinensprengung im Kühtai - Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 03.02.2022)
Lawinensprengung im Kühtai - Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 03.02.2022)


Kurzer Rückblick auf die Niederschlagsperiode

Wie schon erwähnt, waren die Prognosen der ZAMG-Wetterdienststelle sehr gut. Nordtirol und das nördliche Osttirol haben zwischen Montag, 31.01. und Mittwoch, 02.02. verbreitet viel Schnee abbekommen. 

72h-Differenz der Gesamtschneehöhe. In Staulagen kamen lokal etwas mehr als 200cm Neuschnee zusammen!
72h-Differenz der Gesamtschneehöhe. In Staulagen kamen lokal etwas mehr als 200cm Neuschnee zusammen!


Spitzenreiter war die Alplhütte nördlich von Telfs. Zwischen 31.01. und 02.02. nachts wurden dort etwas mehr als 250mm Niederschlag gemessen!
Spitzenreiter war die Alplhütte nördlich von Telfs. Zwischen 31.01. und 02.02. nachts wurden dort etwas mehr als 250mm Niederschlag gemessen!


Typische Wetterstationsgrafik für die niederschlagsreichen Regionen: Neuschnee kam in zwei Staffeln. Starker bis stürmischer Wind samt ansteigenden Temperaturen. Ulmerhütte / Arlbergregion
Typische Wetterstationsgrafik für die niederschlagsreichen Regionen: Neuschnee kam in zwei Staffeln. Starker bis stürmischer Wind samt ansteigenden Temperaturen. Ulmerhütte / Arlbergregion


Vorerst teilweise noch heikle Lawinensituation für Wintersportler

Zwar konnten wir für morgen, 04.02. die Gefahrenstufe von "groß" auf "erheblich" zurückstufen, dennoch haben wir es gebietsweise noch mit einer heiklen Lawinensituation für Wintersportler zu tun. Problematisch sind und bleiben vorerst noch dünne Schwachschichten im Bereich der Altschneeoberfläche vor den vergangenen Schneefällen. Vermehrt findet man diese in tendenziell eher windberuhigten Schattenhängen von Waldlichtungen aufwärts, aber auch in Sonnenhängen in größeren Höhen. Hingegen sollten die im Neuschneepaket vorhandenen Schwachschichten - speziell in Form von ausgeprägten Graupelschichten - während der kommenden Tage kaum mehr zu stören sein.


Unterwegs im mäßig steilen, besonnten Gelände. Hier konnte man am 03.02. sicher und genussvoll unterwegs sein. Leider leidet die Schneequalität durch die Sonneneinstrahlung zunehmend.
Unterwegs im mäßig steilen, besonnten Gelände. Hier konnte man am 03.02. sicher und genussvoll unterwegs sein. Leider leidet die Schneequalität durch die Sonneneinstrahlung zunehmend. 


In den neuschneereichen Regionen wird man auf Grashängen wieder vermehrt Gleitschneelawinen und -rutsche beobachten können. Gschnitztal (03.02.2022)
In den neuschneereichen Regionen wird man auf Grashängen wieder vermehrt Gleitschneelawinen und -rutsche beobachten können. Gschnitztal (03.02.2022)