Deutlicher Anstieg der Lawinengefahr
Warmfront und Kaltfront
Eine Warmfront bringt laut ZAMG-Wetterdienststelle Innsbruck am Freitag, 23.12.2022 unbeständiges, stürmisches und sehr mildes Bergwetter. Es fällt zum Teil kräftiger Niederschlag, unterhalb etwa 2000m häufig als Regen. Am intensivsten werden die Niederschläge im Westen Nordtirols ausfallen. Man rechnet dort am 23.12. mit 30-50mm. Dies entspricht in der Höhe ca. 30-50cm Neuschnee. Am Heiligen Abend, 24.12.2022 folgt eine Kaltfront. Am Vormittag schneit und regnet es in Nordtirol und im nördlichen Osttirol noch häufig. Am Nachmittag lässt der Niederschlag nach. Das südliche Osttirol bekommt kaum Niederschlag.
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Prognostizierter Neuschnee der kommenden Tage. Niederschlagsgefälle von West nach Südost. |
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Der Niederschlag wird häufig von starkem bis stürmischem Wind begleitet. |
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Die Schneefallgrenze am 23.12. um 00:00 Uhr... |
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Die Schneefallgrenze steigt im Laufe des Tages. Hier abgebildet: Die Schneefallgrenze am 23.12. um 16:00 Uhr... |
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Niederschlags- und Windprognose für eine der niederschlagsreichsten Regionen Tirols. Der Niederschlag beginnt in der Nacht vom 22.12. und zieht sich bis zum Heiligen Abend. Starker Wind. Schwankende Temperaturen. |
Auswirkungen auf die Lawinengefahr
Wir gehen aktuell von einem deutlichen Anstieg der Lawinengefahr im Tagesverlauf aus. Fallen die vorhergesagten Niederschlagsmengen, so wird während des Nachmittags / frühen Abends die Stufe 4 "groß" erreicht werden. Dabei handelt es sich um ein so genanntes "Wintersportler-Groß": Die Schneedecke ist schwach und störanfällig. Es gibt zahlreiche Gefahrenstellen. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Wintersportler Schneebrettlawinen auslösen können. Zudem erwarten wir spontane Lawinen. Meist sind die Lawinen mittelgroß (typische Skifahrerlawinen-Größe). Besonders in Schattenhängen können diese auch groß werden. Hier die Hintergründe:
- Dort wo es schneit, fällt der Schnee anfangs bei etwas tieferen Temperaturen. Während des Schneefalls steigt die Temperatur dann an. Dadurch lagert wärmerer Schnee auf etwas kälterem Schnee, also ein "Brett" auf einer potentiellen Schwachschicht. Je nachdem, wie deutlich der Temperaturanstieg ausfällt, wird die Schneedecke rasch geschwächt. Kleine und mittelgroße Lawinen werden im Laufe des Temperaturanstieges vermehrt von selbst abgehen. Das "Brett" fördert großflächigere Auslösungen. Das Brett erhöht aber auch die Wahrscheinlichkeit von Fernauslösungen.
- Die Altschneedecke ist häufig schwach. Vermehrt trifft dies für West-, Nord- und Ost-Hänge oberhalb etwa 2200m zu. Brüche in Schwachschichten innerhalb der Altschneedecke sind einerseits durch den Impuls spontaner, oberflächennaher Lawinen (im Neuschneepaket) denkbar. Andererseits ist dies auch "nur" durch das Gewicht des Neuschnees möglich. Am ungünstigsten ist die Altschneedecke im Nordsektor oberhalb von etwa 2200m aufgebaut. In West- und Osthängen dürfte die Altschneedecke aktuell vermehrt oberhalb etwa 2400m zu stören sein. In Südhängen ist dies v.a. in hochalpinen Lagen der Fall. Bei Brüchen in der Altschneedecke, können Lawinen auch groß werden.
- In den regenbeeinflussten Gebieten wird die ohnehin während der vergangenen Tagen bereits angefeuchtete bzw. durchfeuchtete Schneedecke rasch nass. Die Schneedecke verliert an Festigkeit. Wir erwarten zahlreiche nasse Lockerschneelawinen, aber auch vermehrte Gleitschneeaktivität. Aufgrund der geringen Schneelage werden die Lawinen meist klein, vereinzelt mittelgroß sein.
Impressionen zur aktuellen Situation
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Risse in der Schneedecke als Alarmzeichen einer störanfälligen Schneedecke. Sattelberg, am 14.12.2022. Seit dem Foto ist eine gute Woche vergangen. Inzwischen gibt es nur mehr wenige Rückmeldungen über Rissbildungen und Wummgeräusche. |
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In tiefen und mittleren Lagen wurde die Schneedecke feucht. (2. Grafik von oben mit Temperatur, Taupunkt und Schnee-Oberflächentemperatur). Der Wind hat zugelegt. |
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Durch die Erwärmung, aber auch durch kürzlichen Regen beobachtete man vermehrt nasse Lockerschneelawinen und Gleitschneerutsche. |
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Nassschneerutsche Nordseite Kitzbüheler Horn (Foto: 20.12.2022) |
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"Noppenpulver" wurde inzwischen durch den Wärmeeintrag meist zerstört. Tuxer Alpen (Foto: 18.12.2022) |
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Profil im Bereich des Hochzeigers. Nord, 2340m. Bodennahe Schwachschicht, die bei Belastung brechen kann. |
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Wechsel von härteren und weichen Schichten. Axamer Lizum. West. 2260m. 28°. An diesem Standort konnten bei Stabilitätstests keine durchgehenden Brüche erzeugt werden. (Foto: 22.12.2022) |
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Der Wind hat bereits zugelegt und verfrachtet in großen Höhen bereits Schnee. Hier Schneefahnen in der Gurgler Gruppe (Foto: 22.12.2022) |
Heikle und unfallträchtige Tage für Wintersportler stehen bevor - Große Zurückhaltung erscheint angebracht!
Am Sonntag, Christtag, 25.12. bessert sich das Wetter. Es bleibt mild. Bitte beachtet: Wir haben es in den neuschneereichen Gebieten mit einer für Wintersportler durchaus angespannten Lawinensituation zu tun. Bekanntlich passieren die meisten Lawinenunfälle innerhalb kurzer Zeiträume während erhöhter Lawinengefahr. Seid defensiv unterwegs! Unerfahrenen Personen raten wir, auf den gesicherten Pisten zu bleiben.