Wir waren gestern am 18.01. gemeinsam mit einem vom Gericht beauftragten Sachverständigen sowie der Alpinpolizei vor Ort und haben nähere Details zum Unfall erhoben. Vorab: Jene Person, die in äußerst kritischem Zustand in die Innsbrucker Klinik eingeliefert wurde, ist inzwischen verstorben.
Durch die Schneefälle nach dem Unfall konnte die genaue Aufstiegsspur nicht mehr rekonstruiert werden. Unserem derzeitigen Ermittlungsstand wurde die Lawine von der 4-köpfigen Gruppe im Aufstieg im ca. 30 Grad steilen Gelände an einer mit hoher Wahrscheinlichkeit schneearmen, leicht ausgeprägten nach Süden ausgerichteten Kuppe ausgelöst. Der Bruch pflanzte sich dann nach oben fort, wo sich primär ein kleineres Schneebrett löste. Durch weitere Bruchfortpflanzung geriet dann der gesamte Kessel unterhalb des Valdafourkopfes in Bewegung. Ebenso löste sich eine weitere Lawine östlich versetzt der Gruppe. Der voran gehende Bergführer entkam der Lawine, die zwei hinter ihm folgenden Personen wurden erfasst und total verschüttet, die letzte Person der Gruppe befand sich genau zwischen den zwei abgehenden Lawinen und blieb unverletzt.
Der Kreis symbolisiert den ungefähren Auslösebereich. Von dort pflanzte sich der Bruch sowohl nach oben als auch seitlich nach rechts fort, ohne dass der Zwischenbereich sich löste. Die Personen wurden von der linken Lawine erfasst. (Foto: 18.01.2015)
Der Standort zeigt in etwas den Bereich, wo die Lawine ausgelöst wurde (Foto: 18.01.2015)
Die höchste Anrissmächtigkeit betrug 1,5m (Foto: 18.01.2015)
Hier erkennt man die ausgeprägte Schwachschicht aus lockeren kantigen Kristallen und Schwimmschnee, die zwischen Krusten eingebettet war. (Foto: 18.01.2015)
Unsere Stabilitätstests, die wir an unterschiedlichsten Stellen im Hang durchgeführt haben, zeigten, dass die Schneedecke im flacheren Gelände störanfälliger war, als im sehr steilen Gelände. Ein Paradoxon, das für sonnenbeschienene Hänge zutrifft.
Sehr steile, besonnte Hänge werden nämlich direkter von der Sonne bestrahlt als flachere Hänge und bekommen somit mehr Energie zugeführt. Dies bedeutet intensivere Schmelzprozesse und potentiell bessere Chancen zur Verbindung der Schichten im Altschnee als in flacheren Bereichen. Nichtsdestotrotz war die Schwachschicht auch im steileren Gelände vorhanden, sodass sich der primäre Riss so weit fortpflanzen konnte.
Weitere rasche Blicke in die Schneedecke in tieferen Bereichen zeigten übrigens in besonnten Hängen eine tendenziell bessere Verbindung, je weiter man nach unten kam.
Ein Blick Richtung Lawinenkegel und den Verschüttungsstellen. Die getötete Person kam im oberen linken Bildrand zu liegen, die zweite total verschüttete Person ungefähr im Bereich, wo die Person steht. (Foto: 18.01.2015)