Mittwoch, 7. Januar 2015

Wir kratzen weiterhin in manchen Regionen zwischen einer heikler Stufe 3 und einer unteren Stufe 4…

Immer wieder wurden wir während der vergangenen Tage darauf angesprochen, ob die Stufe 4 anstelle der von uns meist ausgegebenen „heiklen" Stufe 3 die Situation nicht besser hätte beschreiben können?
 
Am 06.01. wurde in den Südlichen Ötztaler und Stubaier Alpen Stufe 4, also große Lawinengefahr oberhalb etwa 2200m ausgegeben.
 
Dazu ein kurzer Exkurs:
Die Ausgabe einer Lawinengefahrenstufe hängt von mehreren Parametern ab:
Entscheidend ist die Stabilität der Schneedecke. Davon hängt wiederum die Wahrscheinlichkeit ab, wo und wie leicht Lawinen ausgelöst werden können. Dabei ist es noch wichtig zu wissen, wie groß die zu erwartenden Lawinen sein werden und um welche Art es sich handeln wird (Schneebrettlawine, Gleitschneelawine, Lockerschneelawine). Weiters berücksichtigen wir immer die Verbreitung der Gefahrenstellen und konzentrieren uns dabei einerseits auf die Verbreitung innerhalb unterschiedlicher Hangrichtungen und Höhenlagen sowie auf die Verbreitung innerhalb der von uns festgesetzten 12 Lawinenregionen. Eine Region umfasst dabei eine Größe von etwa 1000 Quadratkilometern.
 
Es stimmt, dass derzeit einige der oben angeführten Paramater für die Stufe 4, also für große Lawinengefahr in den meisten Regionen Tirols (mit Ausnahme der nördlichsten Regionen R1, R2, R3, R7 sowie der südlichsten Region R12 ) oberhalb etwa 2100m sprechen: Die Schneedecke ist derzeit dort in allen Hangrichtungen schlecht aufgebaut und überdurchschnittlich störanfällig. Das heißt es ist meist sogar  wahrscheinlich, dass Lawinen bereits durch geringe Belastung ausgelöst werden können. Dies bestätigen u.a. die zahlreichen Lawinenabgänge der vergangenen Woche, Stabilitätsuntersuchungen, Sprengerfolge sowie Fernauslösungen.
 
Fernauslösung in den Südlichen Ötztaler Alpen am 05.01.2015
 
Ein zwingendes Kriterium für die Ausgabe der Stufe 4 sind immer auch spontane Lawinenabgänge. Rückblickend betrachtet hat es drei Perioden mit vermehrter spontaner Aktivität gegeben: während des Sturms am 31.01., am Nachmittag des 01.01. aufgrund der Sonneneinstrahlung und Wärme sowie in der Regennacht vom 03.01. auf den 04.01. (bei einer Regengrenze, die deutlich höher war, als ursprünglich angenommen). Während dieser Zeiten wäre aufgrund der Häufigkeit von spontanen Lawinen in einigen Regionen die Stufe 4 angebracht gewesen.
 
Inzwischen beobachten wir - wenn überhaupt - nur mehr ganz vereinzelt spontane Abgänge. Unter Berücksichtigung der in weiten Teilen Tirols unterdurchschnittlichen Schneehöhen und der dadurch bedingten, meist geringen Anrissmächtigkeiten liegen wir inzwischen laut Definition der Gefahrenstufen klar im oberen Bereich der Stufe 3 - eine für den Wintersportler unverändert sehr ernst zu nehmende Situation!