Mittwoch, 21. Januar 2015

Details zum tödlichen Lawinenunfall Valluga Nord am 19.01.2015

Wir waren gestern am 19.01. gemeinsam mit einem Gerichtssachverständigen, der Alpinpolizei und einem Lawinenkommissionsmitglied an der Unfallstelle.
 
Die Valluga-Nordabfahrt ist für ihre extreme Steilheit und Exponiertheit bekannt. Es handelt sich dabei um freies Skigelände, das selbständig beurteilt werden muss.
 
Überblicksfoto der Schneebrettlawine Valluga-Nord kurz nach dem Lawinenabgang (Foto: 19.01.2015)
 
Weiteres Überblicksfoto vom Unfalltag
 
Die Schneebrettlawine wurde von einer 7-köpfigen geführten Gruppe während der Abfahrt ausgelöst. Zum Unfallzeitpunkt befand sich der Bergführer bereits bei einem Sammelpunkt, 5 weitere Personen in der Abfahrt, eine Person gerade noch beim letzten Sammelpunkt, wo unmittelbar unterhalb die Lawine brach. Einer der Personen gelang es, zum Standort des Bergführers zu fahren, der am Randbereich der Lawine war. Die restlichen 4 Personen wurden mitgerissen, eine blieb noch oberhalb des Felsabbruchs mit Prellungen liegen, 3 weitere Personen wurden über felsiges Gelände mitgerissen, wobei eine Person schwer verletzt und 2 getötet wurden.
 
Die Person steht auf dem Sattel, von wo die Personen weiter in den Hang einfuhren.
 
Um die Ursache des Lawinenabgangs herauszufinden, gruben wir an unterschiedlichsten Stellen im Hang mehrere Profile und führten Stabilitätsuntersuchungen durch. Die Ergebnisse waren recht unterschiedlich, von sehr ungünstigen Profilen bis sehr guten Profilen war alles vorhanden. Sämtliche Profile finden sich übrigens im Snowprofiler hier. Das Problem des Lawinenabgangs hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer teilweise störanfälligen Altschneedecke an schneearmen Stellen zu tun. Dort entwickelten sich während des Winters unterhalb von Krusten ausgeprägte kantige Kristalle bzw. Schwimmschnee. Es dürfte sich somit um einen klassischen „hot spot“ gehandelt haben, von dem aus sich der Bruch auch in Bereiche weiter fortpflanzte, die man sonst vermutlich nicht so leicht auslösen hätte können. Die Verhältnisse erinnern übrigens stark an eine ähnliche Situation zu Weihnachten 2008, als dort ebenfalls ein tödlicher Lawinenunfall passierte.
 
Eine jener schneearmen Stellen in der Nähe des Lawinenanrisses, bei der man bodennah zwischen Krusten eingebettet lockeren Schwimmschnee bzw. kantige Kristalle findet.
 
Das Bild zeigt einen schneearmen Bereich mit massiver Schwimmschneeentwicklung in Bodennähe direkt am Lawinenanriss. Man erkennt auch einen leicht felsdurchsetzten Bereich innerhalb der Lawinenbahn. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dort ähnliche Verhältnisse wie am Fotostandort geherrscht hatten und die Lawine in jenem, vermutlich auch schneearmen Bereich, ausgelöst worden ist.
 
Blick Richtung Sturzbahn (Foto: 20.01.2015)
 
Am Lawinenkegel: Blick Richtung Valluga-Gipfel (Foto: 20.01.2015)
 
Bei weiteren Stabilitätsuntersuchungen fanden wir unterhalb von 2500m eine durchwegs kompakte Schneedecke.
 
Übrigens können die Verhältnisse im Arlberggebiet, Außerfern, den Nordalpen und den Kitzbüheler Alpen nicht mit jenen im übrigen Tirol verglichen werden. Die Schneedecke ist im Norden vergleichsweise stabiler aufgebaut als weiter im Süden.
 
Dies betrifft insbesondere besonntes Gelände, weil im Norden vor Weihnachten eine Schneedecke fehlte und sich somit die im Land weit verbreiteten Schwachschichten im Altschnee bisher noch nicht ausbilden konnten. Schattseitig sollte man im Norden des Landes v.a. schneearme Bereiche oberhalb etwa 2500m kritischer beurteilen
 
Weitere Details zur Gesamtsituation folgen voraussichtlich morgen abends.