Gemeinsam mit der Alpinpolizei haben wir heute am 27.01. die Unfallanalysen der Lawinenabgänge unterhalb des Roßkopfes sowie unterhalb des Kleinen Gilferts in den Tuxer Alpen durchgeführt.
Bei beiden Unfällen bestätigte sich das vorherrschende Altschneeproblem mit den bodennahen Schwachschichten vom Frühwinter. Unsere Stabilitätstests zeigten überwiegend eine immer noch hohe Störanfälligkeit von lockeren, aufbauend umgewandelten Schichten, die sich im Nahbereich von mehr oder weniger dicken Schmelzkrusten befanden. Die Profile findet man wie gewohnt hier:
Am rechten oberen Bildrand erkennt man einen Lawinenabgang unterhalb des Kleinen Gilferts. Diese Lawine wurde am vergangenen Sonntag, den 24.01. von Wintersportlern ausgelöst. Es passierte nichts. Mittig ist jene Lawine eingezeichnet, die von Bergrettern kurz vor 21:00 Uhr während der Suchaktion nach dem tödlich verunglückten Skitourengeher ausgelöst wurde. Der Bergretter konnte rasch ausgegraben werden. Er war ansprechbar und unverletzt. Im Hintergrund erkennt man die Unfalllawine unterhalb des Roßkopfes (Foto: 27.01.2016)
Der tödlich verunglückte einheimische Tourengeher löste das Schneebrett im Aufstieg bei der Querung unterhalb des Roßkopfes in einem 40 Grad steilen NNO-Hang aus. Aufgrund der Verschüttungsstelle und des Lawinenanrisses gehen wir davon aus, dass die Lawine in einem schneearmen Bereich ausgelöst wurde. Das Schneebrett hatte mittlerer Größe bei einer Länge von ca. 250m und einer Breite von ca. 150m. Die Anrissmächtigkeit schwankte zwischen etwa 0,2 und 1m.
Auffallend waren einige Gefahrenzeichen während des Aufstieges: einerseits die Lawine unterhalb des Kleinen Gilferts, andererseits die Ablagerung einer spontanen Schneebrettlawine im Gipfelhang. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürften während des Aufstieges auch Setzungsgeräusche zu vernehmen gewesen sein.
Die Unfalllawine im Überblick: Am Bild erkennt man die Aufstiegsspur. Bei der bläulich eingefärbten Lawine handelt es sich um ein spontanes, älteres Schneebrett. Punktiert eingezeichnet ist der vermutliche Weiterweg. Der Kreis zeigt die Verschüttungsstelle. (Foto: 27.01.2016)
Die Aufstiegsspur führt anfangs in die Ablagerung einer älteren Schneebrettlawine. Der Kreis zeigt die Verschüttungsstelle (Foto: 27.01.2016)
Typisch vermehrt für die inneralpinen Regionen: Bodennahe Schwachschichten wechseln mit Krusten ab. Darüber lagert gebundener Schnee, meist in Form von Triebschnee.
Die Schneebrettlawine unterhalb des Kleinen Gilferts wurde in der Aufstiegsspur des Verunglückten im flachen Gelände ausgelöst. Es handelte sich somit um eine Fernauslösung. Tückisch für diesen Winter ist die in früheren Blogs bereits angeführte diffuse Verteilung von Gefahrenbereichen mit einem Altschneeproblem. Vermehrt betroffen sind unverändert schattige Bereiche. Aber auch in besonnten Hängen findet man auf Schmelzkrusten zum Teil ausgeprägte lockere Schichten, dies vermehrt oberhalb etwa 2200m. Am Bild der Unfalllawine erkennt man, dass die Lawine großteils nicht bis zum Boden gebrochen ist. Es handelte sich um einen Bereich, an dem sich eine harte Schmelzkruste bis Ende des Jahres halten konnte. (was in dieser Exposition und Höhenlage nicht flächig der Fall war). Ab Neujahr bildete sich darüber eine Schicht aus kantigen Kristallen, die als Schwachschicht diente.
Vor dem Alpinpolizist am Bild befindet sich die Verschüttungsstelle des Bergretters. Perfekte Kameradenrettung konnte Schlimmes vermeiden. (Foto: 27.01.2016)
Ein Blick in die Schneedecke orographisch rechts des Anrisses bei der Lawine, die den Bergretter verschüttete. Links erkennt man am Boden eine Schmelzkruste, darüber eine lockere Schicht, darüber gebundenen (Trieb-)Schnee.