Gerade im Frühjahr wirkt sich das Zusammenspiel aus den Wetterparametern Luftfeuchtigkeit, Globalstrahlung und Lufttemperatur entscheidend auf die Entwicklung der Lawinengefahr aus. Bereits kleine Änderungen im Wettergeschehen können sich recht markant auf die Lawinengefahr auswirken, dies sowohl in positiver, als auch in negativer Hinsicht.
Betrachten wir die derzeitige Situation mit häufig dichtem Nebel: In tieferen Lagen, dort wo eine dicke Nebeldecke die Sonneneinstrahlung massiv behindert, ist die diffuse Strahlung geringer als in den Nebelgrenzbereichen in größeren Höhen (derzeit am 12.04. häufig um 2800m). Bei (für die Jahreszeit) unterdurchschnittlichen Temperaturen beobachtet man deshalb in den Gebieten mit Neuschnee in mittleren Höhenlagen keine spontanen Lockerschneelawinen, was in den hoch gelegenen Nebelgrenzbereichen sehr wohl der Fall ist. Man spürt diesen vermehrten Wärmeeintrag in den Nebelgrenzbereichen unmittelbar, wenn man draußen im Gelände unterwegs ist. Ähnlich geht es der Schneedecke, die Wärmestrahlung perfekt aufnehmen kann. Entsprechend rasch erfolgt deshalb deren zumindest oberflächige Durchfeuchtung.
Eine zum Teil dichte Nebeldecke beherrschte während der vergangenen Tage das Wettergeschehen |
Das zur obigen Wetterstation passende Bild. Lampsenspitze. Die Schneestation befindet sich unterhalb im dichten Nebel (Foto: 12.04.2019) |
Aufgrund des für den 13.04. angekündigten aprilhaften Wettercharakters ist es schwierig, klar begrenzte Höhen- bzw. Expositionsbereiche anzugeben, wo eine vermehrte Durchfeuchtung stattfinden wird. Dies kann derzeit tatsächlich nur unmittelbar vor Ort treffsicher erfolgen.
Unterhalb der Schwarzen Schneid in den Ötztaler Alpen. (Foto: 12.04.2019) |
Frische, trockene, von Wintersportlern ausgelöste Lockerschneerutsche auf 3200m nordseitig (Foto: 12.04.2019) |
Kürzlich abgegangene Lockerschneelawinen in den Ötztalern (12.04.2019) |
Eine große Schneekugel (wie in historischen Lawinendarstellungen sowie in Comics) im Bereich des Stallersattels in Osttirol (Foto: 11.04.2019) |
Ein aufgrund deren Verbreitung geringes Gefahrenpotential geht in Nordtirol zudem von sehr vereinzelten Schneebrettlawinen aus. Vorstellbar sind solche v.a. in windexponierten, den Winter über schneearmen Bereichen, was v.a. den West- bzw. den Nordwestsektor betrifft. Sehr vereinzelt ist dies auch in sehr steilen Nordhängen vorstellbar. Am ehesten betroffen sind derzeit Höhenbereiche um 2300m, v.a. dann, wenn eine tiefgreifende Durchnässung bis zum Boden stattfindet.
Wir wurden kürzlich von einem diesbezüglichen Lawinenabgang am 06.04. in den Nördlichen Stubaier Alpen im Bereich des Sömen auf ca. 2350m informiert. Dort löste sich ein Schneebrett, als Wintersportler im sehr steilen W-exponierten Gelände abfuhren. Primär dürfte sich ein kleines, frisches Triebschneepaket gelöst haben, dann brach die Schneedecke bis in eine bodennahe Schwachschicht.
Ein derzeit seltenes Bild; Schneebrett "Auf den Sömen" in den Stubaier Alpen, ausgelöst am 06.04.2019 ohne Folgen. |
Ähnliches ist v.a. im zentralen Teil Osttirols und im südlichen Osttirol vorstellbar, wo sich bis Anfang Februar vergleichsweise ausgeprägtere Schwachschichten vermehrt im Nordsektor vom Waldgrenzbereich aufwärts gebildet haben.
Die den Winter über ständig erwähnten Gleitschneelawinen bleiben ebenso beachtenswert.
Und ebenso erwähnenswert: In großen Höhen in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes und südlich davon beobachten wir v.a. im hochalpinen Gelände (2900m und aufwärts) in oberflächennahen Schichten die Ausbildung kleiner kantiger Kristalle aufgrund des Gefahrenmusters gm.4 (kalt auf warm). Unsere Schneedeckenuntersuchungen geben derzeit keinen Hinweis darauf, dass die Schichten Probleme verursachen. Häufig fehlt darüber auch das für eine Schneebrettauslösung notwendige Brett. Dennoch eine Entwicklung, die vorerst im Auge behalten werden muss.
Kürzlich gebildete, kantige Kristalle in Oberflächennähe: 3310m, 30°, Nord; Schwarze Schneid, Ötztaler Alpen , (12.04.2019) |