Donnerstag, 4. April 2019

Genua-Tief sorgt für Rückkehr des Winters

Aktuelle Situation & Ausblick

April, April, der macht was er will.

Nach den zuletzt frühlingshaften Temperaturen sorgt derzeit ein Tief über dem Golf von Genua für die Rückkehr des Spätwinters. Im Südstau fiel seit Mittwochabend, 02.04. entlang der Grenze zu Südtirol - insbesonders am Ötztaler Hauptkamm - aber auch in den Karnischen Alpen bereits einiges an Neuschnee. Lokal im Bereich Timmelsjoch rund ein halber Meter, in den Dolomiten 20cm bis 30cm. In Nordtirol blieb es abseits des Alpenhauptkammes mit stark bis stürmischem Südföhn bislang meist trocken und aufgelockert.

Besonders am Ötztaler Hauptkamm gab es seit Dienstag, 02.04. bereits beträchtliche Neuschneemengen.

Stürmischer Südföhn in Nordtirol.

Laut ZAMG-Wetterdienststelle bricht der Föhn in Nordtirol gegen Donnerstagabend, 04.04. zusammen. Es folgt eine Kaltfront mit Niederschlägen samt markanter Abkühlung. Besonders entlang des Alpenhauptkammes sowie in Osttirol ist mit viel Neuschnee zu rechnen. Dort fallen 50cm bis 100cm Schnee mit Schwerpunkt in den Karnischen Alpen und am Ötztaler Hauptkamm. In Nordtirol soll es zunächst noch bis gegen 2000m hinauf regnen, in weiterer Folge sinkt die Schneefallgrenze gegen 1500m, in der Nacht auch tiefer. In Osttirol liegt die Schneefallgrenze bei 1000m bis 1500m.

Besonders südlich des Inns schneit es bis Freitagmorgen, 05.04. intensiv.

Mit dem ergiebigen Niederschlag und dem stürmischen Wind steigt auch die Lawinengefahr an. Am Alpenhauptkamm sowie in Osttirol wird die Gefahrenstufe 4, groß erreicht. Insbesondere in den Nachtstunden auf Freitag, 05.04. ist in den Hauptniederschlagsgebieten mit zum Teil großen spontanen trockenen Schneebrettlawinen zu rechnen. Dies vor allem aus steilen, windabgewandten Einzugsgebieten, vor allem Schattseitig und in Kammnähe.

Die für die Lawinenabgänge relevanten Schwachschichten befinden sich in erster Linie innerhalb des Neuschnees. Kurzzeitig mit weniger Wind gefallener Neuschnee kann die Schwachschicht für ein darüber befindliches Triebschneepaket bilden. Zudem haben wir vor den Schneefällen Rückmeldungen von Oberflächenreif in Kammnähe (Nigg- Effekt) erhalten. Mitunter kann dieser auch kammfern, hinter Geländekanten, bevorzugt in Schattenhängen angetroffen werden. Denkbar ist als Schwachschicht unter Umständen auch die im Nordsektor trockene und kantig aufgebaute Altschneeoberfläche. Allgemein kann man jedoch sagen, dass die Schneeoberfläche vor den Niederschlägen sehr unregelmäßig und daher durchwegs günstig beschaffen war. Es gibt derzeit keine ausgeprägten Schwachschichten innerhalb der Altschneedecke.

Oberflächenreif infolge des Nigg-Effekts in Kammnähe. Schußgrubenkogel, Stubaier Alpen (Foto: 02.04.2019).

Eine kleinräumig sehr variable Schneeoberfläche kann im Hinblick auf zukünftigen Neuschnee als günstig angesehen werden. Die Schneeoberfläche stellt keine weit verbreitete Schwachschicht für zukünftige Schneebrettlawinen dar. Stubaier Gletscher (Foto: 02.04.2019).


Die große Lawinengefahr betrifft vor allem den Wintersportler. Verkehrswege sind durch trockene Schneebrettlawinen kaum gefährdet. Hier sind vor allem Gleitschneelawinen und nasse Rutsche von Bedeutung. Diese Gefahren nehmen mit dem Regeneintrag zu und sind besonders unterhalb der Waldgrenze relevant.

Vorübergehend unwirtliche, winterliche Wetterbedingungen auf den Tiroler Bergen (Foto: 01.04.2019).

Am Stubaier Gletscher entstanden mit Niederschlag und Wind bereits erste störanfällige Triebschneeansammlungen. Dieses kleine Schneebrett wurde in einem Nordosthang auf 2200m ausgelöst. Als Schwachschicht diente vermutlich Oberflächenreif oder die kantig aufgebaute Altschneeoberfläche (Foto: 03.04.2019).

Mit dem Regen sind vermehrt auch wieder Gleitschneelawinen möglich. Dies auch aus Schattenhängen, wie hier am Pimig in den Lechtaler Alpen (Foto: 01.04.2019).
 
Mit Niederschlagsende am Morgen und im Laufe des Freitagvormittags, 05.04. (im Osten kann es etwas länger schneien) nimmt auch der Wind ab. Es sind dann kaum mehr spontane Schneebrettlawinen zu erwarten. Die (z.T. überschneiten) umfangreichen Triebschneeansammlungen bleiben jedoch an allen Expositionen störanfällig. Gegen Mittag zeigt sich dann besonders in den westlichen Landesteilen bereits die Sonne. Mit der Sonneneinstrahlung sind dann vermehrt kleine bis mittlere Lockerschneelawinen aus extrem steilen Süd- und Westhängen zu erwarten. Kurzfristig kann dann nochmals die Auslösebereitschaft von Schneebrettlawinen ansteigen.

Am Samstag herrscht in ganz Tirol Schönwetter. Die Nullgradgrenze steigt auf 2800m. Die Sonneneinstrahlung und die starke Erwärmung führen zum Abgang vieler kleiner und mittlerer nasser Lockerschneelawinen aus extrem steilen, sonnenbeschienenen Hängen. Verschiedene Neu- und Triebschneeschichten verbinden sich bei den warmen Temperaturen rasch untereinander sowie mit der Altschneeoberfläche. Schattseitig und besonders im Hochgebirge bleiben diese am Wochenende jedoch noch störanfällig. Vorsicht vor allem im schattigen, kammnahen Gelände, wo Oberflächenreif eingeschneit sein könnte.

Nach dem weitestgehend sonnigen Wochenende geht es unbeständig weiter. Es erwartet uns erneut Störungseinfluss aus dem Süden - die genaue Entwicklung ist jedoch noch offen.

Wechselhafte Wetterentwicklung in der kommenden Woche (©Meteoblue).

Rücklick 

Vergangenes Wochenende und der Beginn dieser Woche zeichneten sich durch sonniges, mildes und windschwaches Wetter aus. Die  trockene Luft und die durchwegs klaren Nächte sorgten für perfekte Tourenbedingungen in ganz Tirol.

In den letzten Tagen stieg die Luftfeuchtigkeit dann allmählich an und die Nächte waren zusehends bedeckt. Dadurch konnte die Schneedecke in der Nacht nicht mehr gut Wärme abstrahlen. Die warmen Temperaturen und die feuchte Luft sorgten auch an Schattenhängen für eine Durchnässung der Schneedecke unterhalb von rund 2000m. Dort wurden vermehrt nasse Lockerschneelawinen beobachtet.

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Messdaten der Wetterstation Sonnbergalm in Obergurgl: Von Donnerstag, 28.03. bis Montag, 01.04. waren die Nächte durchwegs klar. An der grauen Linie lässt sich die nächtliche Abkühlung der Schneeoberfläche beobachten. In der Nacht auf Dienstag, 02.04. hingegen konnte die Schneedecke nicht mehr ganz so gut abstrahlen. Mit der Südstörung stieg auch die Luftfeuchtigkeit an. Seit Dienstagabend ist der Himmel bedeckt, der Südwind hat stark zugelegt und in der Nacht auf heute, 04.04. hat es zu schneien begonnen.



An Sonnenhängen waren in den letzten Tagen perfekte Firnverhältnisse anzutreffen. Der Harschdeckel war durch die gute nächtliche Abstrahlung oft mehr als 20cm dick und war bis in die Nachmittagsstunden hinein tragfähig (Foto: 28.03.2019).

An Schattenhängen und in Hängen flacher Sonneneinstrahlung blieb die Schneeoberfläche zumeist trocken. Dort konnte noch aufbauend umgewandelter Pulverschnee (sogenannten 'Noppenpulver' oder 'recycled powder') genossen werden. Pflerscher Pinggl, Stubaier Alpen (Foto: 31.03.2019).

Die stabilen Verhältnissse sorgten für perfekte Bedingungen für Steilabfahrten. Sellrain (Foto: 30.03.2019).