Donnerstag, 29. April 2021

Eher ungünstige Lawinenverhältnisse mit häufig schlechter Schneequalität

Durchnässung schreitet voran - Wahrscheinlichkeit von spontanen Lawinen steigt

Während der vergangenen Tage war es bei wechselhaftem Wetter recht warm. Die Schneedecke wurde dadurch auch in größeren Höhen immer feuchter bzw. auch tiefgreifender durchnässt. Ein tragfähiger Harschdeckel bildete sich über Nacht nur mehr in hohen Lagen und im Hochgebirge. Im Süden war dies kürzlich aufgrund des tendenziell schlechteren Wetters kaum der Fall. Ähnlich war es auch während der vergangenen Nacht vom 28.04. auf den 29.04. in Teilen Nordtirols, wo die Ausstrahlung der Schneedecke gebietsweise stark eingeschränkt war.


Bilder von Webkameras helfen bei der Einschätzung der Wolkenbedeckung während der Nachtstunden


Lawinenabgänge hielten sich bisher noch in Grenzen. Fast ausschließlich handelte es sich dabei um (vereinzelte) nasse Lockerschneelawinen.


Lockerschneelawine im Bereich des Zuckerhütls in den Stubaier Alpen (Foto: 23.04.2021)


Am Sonntag, 25.04. bewirkten die warmen Temperaturen in Schattenhängen gebietsweise eine oberflächige Durchfeuchtung der Schneedecke. Dadurch aktivierten sich im extrem steilen Gelände einige Lockerschneelawinen. (Grießkogelgruppe)


Seit gestern, 28.04. wurden uns erstmals wieder spontane Lawinenabgängen gemeldet. Dies scheint auch ein Signal dafür zu sein, dass die spontane Aktivität während der kommenden Tage zunehmen wird. Am meisten davon betroffen werden Schattenhängen sein, insbesondere jene, bei denen bisher noch keine tiefergreifende Durchnässung stattgefunden hat. Wir gehen aktuell von einem Höhenbereich um 2400m mit entsprechenden Abweichungen nach oben und unten aus. Aber auch in Sonnenhängen gibt es Potential für Schneebrettlawinen. Vermehrt können diese in oberflächennahen Schichten brechen. Dort bildet ein noch vorhandener Schmelzharschdeckel, der auf lockeren, nassen Schmelzformen lagert, das für eine Schneebrettlawine notwendige Brett.


Spontane Schneebrettlawine auf 2300m, West, im hinteren Pitztal bei einer Moräne (Foto: 28.04.2021)


Am Bild zu erkennen: Noch tragfähiger Schmelzharschdeckel, darunter eine durchnässte, lockere Schicht - eine mögliche Schwachschicht für Schneebrettlawinen. Kaunertal. (Foto: 28.04.2021)


Gleitschneelawinen schattseitig auf 1600m im Tannheimertal (Foto: 28.04.2021)


Die Schneequalität ist aktuell meist schlecht. Erst oberhalb etwa 2700m/2800m wird diese tendenziell besser.


Ein schmaler Grat zwischen "Durchbrechen", Bruchharsch und tragfähig. Stellen, wo man durchbricht werden nun immer häufiger. (Foto: 28.04.2021)


Kurzer Rückblick


Die vergangene Woche stand wieder einmal im Zeichen des Aprils mit meist wechselhaftem Wetter. In Nordtirol war das Wetter föhnbedingt freundlicher als in Osttirol. Richtig gut wars nur am vergangenen Wochenende, insbesondere am Samstag, 24.04., als kurzfristig sehr trockene Luft eingedrungen ist. Trotz der warmen Temperaturen wurde die Schneedecke damals kaum geschwächt. Es dominierten günstige Verhältnisse mit einem Tagesgang der Lawinengefahr.


Der beste Tag während der vergangenen Woche war der Samstag, 24.04. Man erkennt die trockene Luftmasse. Die Schneedecke konnte damals über Nacht gut ausstrahlen. Inzwischen ist die Schneedecke nass, der Taupunkt bei 0°. Wasser kann nun ungehindert in tiefe Schichten vordringen.



Ein ähnliches Bild vom Eselrücken im nördlichen Osttirol.

Laut ZAMG-Wetterdienststelle zählt der vergangene April übrigens zum kühlsten April seit 1997 und zu einen der acht trockensten der Messgeschichte (seit 1858!).


Vorschau für die kommenden Tage


Von heute, 29.04. auf morgen, 30.04. überquert uns laut ZAMG-Wetterdienststelle eine schwache Kaltfront. Die Temperatur wird nur um 1-2°C kühler. Auf den Bergen weht in den Föhnstrichen kräftiger Südwind. Wechselhaft gehts durch den Freitag, 30.04.. Es könnte ein "dampfiger" Tag mit viel diffuser Gegenstrahlung werden, der die Durchnässung der Schneedecke weiter voranschreiten lässt. Der 01.05. dann eher wieder zweigeteilt - freundlicher im Norden als im Süden. Nochmals mild, bevor es am Sonntag, 02.05. mit einer Kaltfront deutlich abkühlt. Schneefallgrenze im Süden höher als im Norden, zwischen etwa 1200m und 2000m. Schneemengen ca. 20-30cm. auf den Bergen. Die Nassschneeproblematik wird somit kurzfristig abnehmen. Dafür gibt es in großen Höhen, meist kammnah ein meist recht überschaubares Triebschneeproblem.


12h-Neuschneeprognose 29.04. auf 30.04.2021