Freitag, 31. März 2023

Gefahrenmuster 4 (kalt auf warm) eventuell in der Höhe bedeutsam! Gebietsweise komplexe Situation

Kurz vorweg

Ergänzend zum kürzlichen Blogeintrag möchten wir auf die mögliche Entwicklung einer Schwachschicht durch kalt auf warm (gm.4) hinweisen. Vieles spricht dafür, dass sich in größeren Höhen in besonnten Steilhängen an der Grenzfläche der vor einer Woche anfangs feuchten bzw. nassen und dann eingeschneiten Schneeoberfläche eine Schwachschicht bildet bzw. gebildet hat. Die Schwachschicht kann während der kommenden Tage unfallrelevant sein!


Kalt auf warm (gm.4)

Es gibt aktuell nur wenige konkrete Anlassfälle, die diese Annahme bestätigen. Diese sind aber hinreichend, dass wir an dieser Stelle auf den Prozess einer möglichen Schwachschichtbildung  (nochmals) aufmerksam machen möchten.

Wo rechnen wir mit gm.4?

Kalt auf warm kann überall dort bedeutsam sein, wo die am vergangenen Freitag (24.03.2023) nasse Schneeoberfläche von mächtigeren Schneepaketen ("Brett") überlagert wurde. Dazu zählen die unlängst neuschneereicheren Regionen Nordtirols sowie das nördliche Osttirol (sh. kürzlichen Blog). Wir gehen aktuell von größeren Höhen, zumindest von 2500m aufwärts aus. Betroffen sind dann vermehrt wohl (sehr) steile Sonnenhänge auch in hochalpinen Lagen, also oberhalb von 3000m.


Die rote Linie symbolisiert den möglichen Start von gm.4. Zu diesem Zeitpunkt war die Schneedecke auch in großen Höhen feucht bzw. nass. Die Pfeile in magenta symbolisieren die Schneefälle seit letzter Woche. Der blaue Pfeil symbolisiert den Temperaturrückgang. Alles zusammen starke Indizien für die Ausbildung von kalt auf warm (gm.4)
Die rote Linie symbolisiert den möglichen Start von gm.4. Zu diesem Zeitpunkt war die Schneedecke auch in großen Höhen feucht bzw. nass. Die Pfeile in magenta symbolisieren die Schneefälle seit letzter Woche. Der blaue Pfeil symbolisiert den Temperaturrückgang. Alles zusammen starke Indizien für die Ausbildung von kalt auf warm (gm.4)


Beim roten Pfeil erkennt man, dass die Schneedecke bei der Station Speicherteich auf 2900m (selbst im flachen Gelände) zumindest feucht war: Schneeoberflächentemperatur (schwarze Linie) 0°, Taupunkt (blaue Linie) 0°
Beim roten Pfeil erkennt man, dass die Schneedecke bei der Station Speicherteich auf 2900m (selbst im flachen Gelände) zumindest feucht war: Schneeoberflächentemperatur (schwarze Linie) 0°, Taupunkt (blaue Linie) 0°


Gebietsweise komplexe Situation

Die Situation ist etwas komplex, weil sich die aufgrund gm.4 zumindest teilweise im Entstehen begriffene kantige Schwachschicht mit einer weiteren, etwas unterhalb befindlichen Schwachschicht überlagert. Letztere bildete sich während der langen, niederschlagsarmen Periode zwischen Anfang Februar und Anfang März (unterhalb einer dünnen Schmelzharschkruste) in Form von kantigen Kristallen. Vermehrt betroffen war damals Steilgelände im Sektor NO über O bis SO beginnend von etwa 2500m aufwärts.


Kantige Schwachschicht unterhalb einer Schmelzkruste (Profil vom 09.03.2023). Inzwischen lagert darüber einiges an Schnee. Inzwischen könnte sich auch an diesem Profilstandort gm.4 entwickelt haben bzw. entwickeln...
Kantige Schwachschicht unterhalb einer Schmelzkruste (Profil vom 09.03.2023). Inzwischen lagert darüber einiges an Schnee. Inzwischen könnte sich auch an diesem Profilstandort gm.4 entwickelt haben bzw. entwickeln...


Die im oberen Profil dargestellte kantige Schwachschicht bildete sich während des eingezeichneten niederschlagsarmen Zeitraums.
Die im oberen Profil dargestellte kantige Schwachschicht bildete sich während des eingezeichneten niederschlagsarmen Zeitraums.


Seid euch bewusst über das erhöhte Risiko in den angesprochenen Höhen- und Expositionsbereichen. 
 

Wir sind dankbar über Rückmeldungen aus dem Gelände!

Aufgrund der noch wenigen Rückmeldungen und fehlenden, umfassenden Schneedeckenuntersuchungen sind wir derzeit über fachspezifische Rückmeldungen besonders dankbar! Ein rascher Blick in die Schneedecke samt schnellem Stabilitätstest kann wertvolle Infos liefern, die wir zeitnah weitergeben werden. Gerne immer an lawine@tirol.gv.at