Freitag, 11. Januar 2013

Gefahrenmuster "kalt auf warm"

Im Zuge unserer derzeit fast täglichen Geländeerkundungen konzentrieren wir unser Hauptaugenmerk auf eventuelle aufbauende Umwandlungsprozesse im Bereich von oberflächennahen Schmelzharschkrusten.

Schmelzharschkrusten in der Schneedecke erkennt man am Foto auch an der unterschiedlichen Färbung; Venet auf 1750m (Foto vom 10.01.2013)

Bis Anfang dieser Woche zeigten sämtliche Stabilitätsuntersuchungen noch durchwegs gute Verbindungen zwischen den mehrfach vorhandenen, im Dezember und Anfang Jänner entstandenen Krusten und deren unmittelbar benachbarten Schneeschichten (sh. Schneeprofile).

Inzwischen haben sich vereinzelt kantige Kristalle im Bereich dieser Krusten gebildet. Wir gehen derzeit noch von sehr kleinräumigen Problemen aus, die nicht überbewertet werden sollen.

Am vergleichsweise ungünstigsten dürfte es im Norden des Außerfern sowie den nördlichen Ausläufern der Westlichen Nordalpen sein. Dort hat sich zwischen dem 04.01. und dem 06.01. bis mancherorts etwa 2100m hinauf eine dünne, unmittelbar an der Oberfläche befindliche Schmelzharschkruste gebildet, unter der bereits kantige Kristalle entstanden sind (erklärbar nur durch ein „auf und ab" der Regengrenze zwischen dem 04.01. und 06.01.). Es betrifft v.a. den eng begrenzten Seehöhenbereich zwischen etwa 1900m und 2100m in allen Expositionen.

Kantige Kristalle unter einer dünnen Schmelzharschkruste an der Schneeoberfläche (Allgäu).

Unsere „schlechteren" Profile fanden wir in einem Höhenbereich zwischen etwa 2000m und 2200m. In sehr steilen besonnten Hängen beobachtete ein Kommissionsmitglied aus dem Ötztal dieses Phänomen im Bereich der Harschkruste, die sich während des Weihnachtstauwetters gebildet hat, auf 2400m.

Kantige Kristalle bei der Schmelzharschkruste vom Weihnachtstauwetter (Tuxer Alpen, Foto vom 09.01.2013)

Kantige Kristalle im Bereich der Regenkruste, die zwischen 04.01. und 06.01. entstanden ist. Am Fotostandort (Oberbergtal, Nördliche Stubaier Alpen) hat es anfangs bis etwa 2000m, dann bis etwa 1000m geregnet (Die Kruste wurde also eingeschneit) Foto vom 08.01.2013

Mit dem Neuschneezuwachs vom 10.01. auf den 11.01. ist somit die Wahrscheinlichkeit von Lawinenauslösungen in eng begrenzten Höhenbereichen angestiegen.


Im Zweifel also schnell in die Schneedecke schauen, ob man im Nahbereich der Krusten lockere Kristalle findet. Über Beobachtungen sind wir sehr dankbar: Am besten via mail an lawine@tirol.gv.at.

Entstehung: Das Prinzip ist immer das selbe: Es geht darum, wo ein ausreichend großer Temperaturunterschied zwischen vormals feuchter bzw. nasser Altschneeoberfläche und darüber lagerndem Schnee vorhanden war, um die aufbauende Umwandlung zu fördern (gm.4).