Montag, 7. Januar 2019

Anhaltend große Lawinengefahr in Nordtirol und im nördlichen Osttirol

Die Lawinensituation in den Ostalpen ist derzeit angespannt. Von den Ybbstaler Alpen in Niederösterreich bis zum Bregenzerwald in Vorarlberg herrscht oberhalb der Waldgrenze verbreitet große Lawinengefahr (Stufe 4).

Große Lawinengefahr, Stufe 4 in weiten Teilen Österreichs (www.lawinen.at)

Es fielen in den vergangenen Tagen in Nordtirol verbreitet 100cm Neuschnee. In manchen Gebieten,  wie in den Waidringer und Kitzbüheler Alpen, den Hohen Tauern oder im Karwendel auch deutlich mehr. In den südlicheren Teilen Osttirols waren es nur wenige cm. Die Schneefallgrenze lag meist im Talboden. Der Niederschlag wurde von stürmischem Wind aus nordwestlichen Richtungen begleitet, welcher oberhalb der Waldgrenze zu massiven Verfrachtungen des lockeren Neuschnees führte.

Die Schneehöhe in Nordtirol ist in den letzten acht Tagen verbreitet um 100cm angewachsen.

An den Beobachterstationen in Boden und auf der Nordkette liegt man derzeit weit über den langjährigen Mittelwerten der Schneehöhe (seit 1960, resp. 1973). Auf der Nordkette kamen seit dem 30. Dezember über 2 Meter an Schnee dazu. So früh im Winter wurden seit 1973 dort noch nie solch große Schneemengen verzeichnet.

Bezeichnend für die Wettersituation in Nordtirol in den vergangenen Tagen: Viel Neuschnee und starker Wind. Wetterstation Breiter Grieskogel, Grieskogelgruppe.

Intensiver Schneefall war in den vergangenen Tagen bis in die Niederungen zu beobachten. (Foto: 04.01.2019)

Winterliche Bedingungen auch in den Westlichen Tuxer Alpen (Foto: 06.01.2019)

Als Folge der intensiven Schneeverfrachtungen stieg auch die Lawinengefahr in ganz Nordtirol sowie in den Hohen Tauern auf die Stufe 4, groß an. Es wurden zahlreiche Straßen gesperrt. Auch Liftanlagen mussten aufgrund des Sturms geschlossen werden.

Die uns bekannten, größeren Lawinenabgänge (wie z.B. in den Zillertaler Alpen) dürften vermutlich innerhalb des Neu- und Triebschnees angebrochen sein. Am 05.01. ging die Meldung über einen Lawinenabgang auf die Fernpassstraße ein. Dabei handelte es sich bei näherer Lagebegutachtung um einen Schneerutsch, verursacht durch die Entleerung der Schneelast von angrenzenden Bäumen.

Massive Schneeverfrachtungen führten im Bereich der Waldgrenze und darüber zur Bildung von umfangreichen Triebschneeansammlungen. Schneebrettlawinen brachen oft spontan innerhalb der Neu- und Triebschneeschichten an. Gurglergruppe (Foto: 07.01.2019).

Das nächste markante Frontensystem erreicht uns bereits morgen Dienstag, den 08.01.2019. Mit ergiebigen Niederschlägen von Dienstagmittag bis Donnerstagmorgen sind 50cm bis 120cm Neuschnee zu erwarten. Am meisten Niederschlag soll nördlich des Inns sowie im Westen Nordtirols fallen. Die Schneefallgrenze liegt dabei zunächst bei rund 1000m, sinkt in der Nacht auf Mittwoch jedoch in Tallagen. Die Niederschläge werden erneut von stürmischen Winden aus nordwestlichen Richtungen begleitet, welche neuerlich  für massive Schneeverfrachtungen sorgen werden.

Viel Schnee und Wind: An Graten werden sich durchaus mächtige Wechten bilden. (Foto: 04.01.2019)

Mit dem Eintreffen der nächsten Front ändert sich am bestehenden Gefahrenmuster nur wenig: Mit dem einsetzenden Niederschlag und dem stark bis stürmischen Nordwestwind werden sich ab Dienstagmorgen, 08.01.2019 neuerdings frische, störanfällige Triebschneeansammlungen bilden. Diese werden insbesondere im Windschatten hinter Graten und Geländekanten als mittelgroße, in den Hauptniederschlagsgebieten auch als große Lawinen, sehr vereinzelt nur als sehr große Lawinen spontan abgehen.

Extrem große Lawinen erscheinen aufgrund des derzeitigen Schneedeckenaufbaus als sehr unwahrscheinlich, da keine großflächigen, tiefer liegenden Schwachschichten vorhanden sind, wo  Schneebrettlawinen anbrechen könnten.

Auf steilen Wiesenhängen sind zudem jederzeit Gleitschneelawinen zu erwarten. Diese können aufgrund der großen Schneemächtigkeit auch groß werden. Zonen unterhalb von Gleitschneerissen sollten derzeit besonders konsequent gemieden werden.

Schneeblock glitt als Folge eines Wechtenbruchs ab. (Foto: 07.01.2019)
Die derzeitige Schnee- und Lawinensituation ist auf eine ungünstige, recht stabile Großwetterlage zurückzuführen: Ein markantes Hoch über Westeuropa und dem Atlantik sowie ein Tief im Norden sorgen dafür, dass aus Nordwesten feuchte Luftmassen vom Atlantik in Richtung der Alpen gelenkt werden, welche intensiven Niederschlag mit sich bringen. Laut Meteorologen erscheint es durchaus wahrscheinlich, dass uns dieses Muster in den kommenden Wochen erhalten bleibt und noch mehr Fronten in unsere Richtung abgeleitet werden.

Vorerst ist keine wesentliche Entspannung der Situation in Sicht.