Sonntag, 13. Januar 2019

Sehr große Lawinengefahr im Westen Nordtirols

Im Westen Nordtirols sind bis Dienstagmorgen, 15.01. bis zu 150cm Neuschnee prognostiziert. Ansonsten fallen verbreitet 50-90cm. Der Niederschlag fällt mit hoher Intensität und wird begleitet von stürmischem Nordwestwind.

Neuschneeprognose bis Dienstagmorgen, 15.01. inklusive Setzung.

Hohe prognostizierte Neuschneemengen in der Region Silvretta. Der Wind weht stark.

Stürmischer Nordwestwind sorgt im ganzen Land für umfangreiche Verfrachtungen des Neuschnees.

Vorübergehender Temperaturanstieg in der Nacht auf Montag, 14.01. (©meteoblue)

An der Wetterstation Plojen in der Samnaungruppe sind heute Sonntag, 13.01. bis 17 Uhr bereits annähernd 50cm Neuschnee gefallen. Der Wind bläst teilweise stark. 

Mit Zunahme der Schneefallintensität sowie einer vorübergehenden Erwärmung ist insbesondere in der Nacht auf Montag, 14.01. mit hoher spontaner Lawinenaktivität zu rechnen. Vor allem in den niederschlagsreichen, mit Lawinengefahrenstufe 5, sehr groß bewerteten Gebieten, sind sehr große, vereinzelt extrem große Lawinen möglich. Dies besonders aus hohen Einzugsgebieten, welche im Windschatten liegen. Beobachter aus dem Außerfern meldeten bereits eine vermehrte spontane Lawinenaktivität in den Abendstunden des 13.01.

Mit dem Anstieg der Schneefallgrenze auf rund 1400m erwarten wir zudem in tiefen und mittleren Lagen eine markante Zunahme der Gleitschneeaktivität.

Schneedeckenaufbau

Das kurzzeitige Schönwetterfenster am Freitag, 11.01. erlaubte uns, unser Bild des derzeitigen Schneedeckenaufbaus etwas zu schärfen.

Wie bereits in früheren Blogeinträgen erwähnt, sind im unteren Teil der Schneedecke keine großflächigen, störanfälligen Schwachschichten vorhanden. Einzig eine Schicht aus kantigen Kristallen im Bereich einer Schmelzkruste vom 06. Dezember könnte vereinzelt zwischen etwa 2200 und 2700m noch vorhanden sein. In Nordtirol sowie im Norden Osttirols sollte diese Schwachschicht jedoch mächtig überdeckt und nur mehr durch die Auflast einer abgehenden Lawine gestört werden können.

In einer Höhe von ca. 30cm über Grund sind kantige Kristalle im Bereich einer Schmelzkruste (06.12.2018) zu erkennen. Diese Schwachschicht ist mächtig überdeckt, aber bei sehr großer Auflast potenziell noch störbar.

Im oberen Teil der Schneedecke haben sich im Südsektor zwischen 1600m und etwa 2100m nach dem Gefahrenmuster 4 (kalt auf warm - warm auf kalt) ebenfalls kantige Kristalle (zum Teil im Bereich einer Schmelzkruste) gebildet. Dies vermutlich um den 8. Jänner. Diese Schwachschicht wurde während der vergangenen Niederschlagsperiode eingeschneit. Ein Anbrechen von Schneebrettlawinen in dieser Schwachschicht aufgrund der Auflast durch Neuschnee ist durchaus denkbar.

Abgesehen von den oben beschriebenen kantigen Schwachschichten ist für Schneebrettlawinen insbesondere der von Freitag, 11.01. auf Samstag, 12.01. gefallene Wildschnee von Bedeutung: Dieser stellt eine besonders störanfällige Schwachschicht dar und kann in allen Höhenlagen (auch unterhalb der Waldgrenze) und Expositionen sehr leicht gestört werden!

Die geringen Niederschlagsmengen in der Nacht auf Samstag, 12.01. fielen als lockerer Wildschnee. Überschneit stellt dieser derzeit eine besonders störanfällige Schwachschicht dar.

Spontane Lawinen auf Hausdächern in St. Johann in Tirol. Der Wildschnee dient hier als Schwachschicht für den in der Nacht auf Sonntag, 13.01. gefallenen Neuschnee. (Foto: 13.01.2019)

Am gestrigen Samstag, 12.01. versuchte unser LWD- Teammitglied Christoph die Fortpflanzungsfähigkeit des Wildschnees unter Triebschnee auf der Seegrube zu testen:


Allgemein sind die Bedingungen für Wintersport im freien Gelände derzeit ausgesprochen ungünstig. In Hängen unter 30 Grad besteht im knietiefen Schnee derzeit kein Abfahrtsgenuß. Im Wald kommt zusätzlich die Gefahr von umfallenden Bäumen oder abstürzenden Ästen hinzu. Zu bedenken ist auch die "Tiefschneegefahr", wie im letzten Blogeintrag bereits erwähnt. In den schneereichen Gebieten droht man besonders im Nahbereich von Bäumen metertief einzusinken.

Viele Bäume sind in einen Mantel aus Schnee gehüllt, welcher dem Wind viel Angriffsfläche bietet. Der derzeitige Sturm wird vermutlich einiges an Waldschäden anrichten. (Foto: 11.01.2019)

Das Positive: die Lawinensituation wird sich nach dem derzeitigen Niederschlagsereignis sehr rasch entspannen. Dann erwarten uns aller Voraussicht nach relativ sichere und gute Skitourenbedingungen!

Folgend noch einige Eindrücke der vergangenen Tage:

Härtetest für die Wetterstationen. (Foto: 11.01.2019)

Die Lawinenverbauungen sind mancherorts bereits zur Gänze gefüllt. Region Wilder Kaiser. (Foto: 11.01.2019)

Tief winterlich zeigt sich die Seegrube (1905m) oberhalb von Innsbruck. Die Schneehöhe liegt hier bereits über 4 Meter. (Foto: 11.01.2019)

Die Hochgebirgskapelle St. Valentin im Zillergrund ist kaum zu erkennen (Foto: 12.01.2019)

Viel Windeinfluß oberhalb der Waldgrenze. Füssener Jöchle, Allgäuer Alpen. (Foto: 12.01.2019)

Mächtiger Anraum auf einem Wegkreuz unter dem Pfoner Kreuzjöchl. (Foto: 12.01.2019)

Anriss einer sehr großen Lawine in den östlichen Lechtaler Alpen. Die Lawine löste sich spontan während des Niederschlagserignisses vom 9. bis 11. Jänner (Foto: 12.01.2019)

Die Lawine überspülte die Lawinengalerie Brand-Mitteregg auf der Landstraße zwischen Berwang und Namlos und verursachte Waldschäden. (Foto: 12.01.2019)

Schneebrettlawine am Schartenkogel, Nordseitig, 2200m. Das Triebschneepaket löste sich vermutlich aufgrund eines Wechtenbruchs. (Foto: 12.01.2019)
 
Vermutlich eine Gleitschneelawine, welche als Staublawine abging. Nördl. Zillertaler Alpen. (Foto: 12.01.2019)
 
Viele überschneite Gleitschneelawinen-Anrisse im Norden des Landes. (Foto: 11.01.2019)

Sehr hohe Gleitschneeaktivität auch in den Allgäuer Alpen. (Foto: 12.01.2019)