Der Süden bekommt viel Schnee ab
Nach einer wechselhaften Woche mit etwas Schnee, Sonnenschein, unterschiedlichem Windeinfluss und eher kalten Temperaturen konzentrieren wir uns auf die Prognosen der ZAMG-Wetterdienststelle für die kommenden Tage: Tirol gerät zunehmend in eine Südströmung. Es ist mit großen Niederschlagsmengen im Süden und starkem bis stürmischem Südwind zu rechnen.
Im Süden erwartet uns viel Niederschlag |
Der Wind hat teilweise schon gedreht und weht in den typischen Föhnschneisen z.T. schon stark bis stürmisch |
Zwischen Freitag, dem 01.02. 09:00 Uhr und Samstag, dem 02.02. 18:00 Uhr wurde deshalb seitens der ZAMG-Wetterdienststelle eine Warnung vor Starkschneefall auf Tirols Bergen ausgegeben:
"Das Hauptgebiet der Niederschläge betrifft ganz Osttirol und die Zillertaler Alpen mit den Schwerpunkten Deferegger Berge, Karnischer Kamm, Lienzer Dolomiten und Schobergruppe. Im Osttiroler Gailtal und angrenzendem Lesachtal ist zwischen 1 und 1,5m Schnee zu rechnen, in den Hohen Tauern und Zillertaler Alpen zwischen 0,75 und 1m und zwischen den Brennerbergen und dem hinteren Ötztal zwischen 0,5 und 0,75m. Laut Prognosen verbleibt die Schneefallgrenze während des Hauptniederschlagsereignisses bis Samstagmittag in tiefen Lagen Osttirols, wobei sehr wahrscheinlich von 800 Meter Seehöhe bis 1500 bis 1800 Meter Isothermie bei 0 Grad herrscht. Nasser Schnee in tiefen Lagen ist die Folge. In der Nacht auf Sonntag, dem 03.02. wird es zu einer signifikanten Niederschlagsberuhigung mit anschließender Abkühlung kommen!"
Wichtig erscheint vor massiven Neuschneezuwächsen immer ein Blick auf bzw. in die Schneedecke. Die Schneehöhenverteilung in Tirol unterliegt einem markanten Nord-Südgefälle: Sehr viel Schnee im Norden, (sehr) wenig Schnee im Süden.
Analyse der Gesamtschneehöhe in Tirol: Im zentralen und südlichen Teil Osttirols lag bisher nur sehr wenig Schnee. Dort soll es ab morgen, dem 01.02.2019 am meisten schneien. |
Schaut man sich die Schneedeckenbeschaffenheit an, so fällt auch hier ein deutliches Nord-Süd-Gefälle auf. Im Norden dominiert eine meist recht kompakte Schneedecke - mit "nur" oberflächennahen Schwachschichten. Im Süden findet man hingegen in der gering mächtigen Schneedecke mehrere mögliche Schwachschichten für Schneebrettlawinen.
Schneeprofil Leitertal am Karnischen Kamm in der Region Lienzer Dolomiten. Farblich gut zu unterscheiden: Neuschnee, darunter schwacher Altschnee (Foto: 31.01.2019) |
Speziell im zentralen und südlichen Teil Osttirols haben wir es somit recht verbreitet mit einem Altschneeproblem in verschiedenen Höhenlagen und Expositionen zu tun. Als Schwachschichten kommen lockere, kantige Kristalle bzw. Schwimmschnee in Frage. In der Region der Lienzer Dolomiten beginnt das Altschneeproblem schattseitig oberhalb etwa 1200m, O- und W-seitig oberhalb etwa 1600m, südseitig oberhalb etwa 2000m.
Im zentralen Teil Osttirols muss der am meisten betroffene Bereich zwischen etwa 1800m und 2500m im Sektor W über N bis O angesiedelt werden. (Besondere Vorsicht auch schon im Waldgrenzbereich unterhalb 1800m!). Südseitig könnte sich zudem unter einer dünnen, oberflächennahen Schmelzkruste von Mitte Jänner eine dünne kantige Schwachschicht in einem recht schmalen Höhenband im sehr steilen Südsektor zwischen etwa 2300m und 2500m ausgebildet haben. (Letzteres wurde auch im übrigen Tirol beobachtet).
Zudem besteht die Schneeoberfläche (außer im sehr steilen besonnten bzw. windbeeinflussten Gelände) häufig aus lockerem, kalten Neuschnee. Ebenso findet man recht verbreitet eingeschneiten Oberflächenreif, außer im stark vom Wind beeinflussten Gelände, wo dieser verweht wurde.
Neuschnee von Wochenbeginn (27. auf den 28.01.) verleiht auch dem zentralen und südlichen Osttirol ein winterliches Kleid. (Foto: 29.01.2019) |
Oberflächennahe Schwachschichten weiter im Norden des Landes
Wirft man einen Blick weiter in den Norden, so kann man dort inzwischen verbreitet von einer recht günstig aufgebauten Altschneedecke ausgehen. (Einzig in den zentralen Stubaier Alpen findet man z.T. bodennahe Schwachschichten. Diese sollten inzwischen aber nur mehr unter ungünstigen Voraussetzungen zu stören sein). Allerdings findet man auch im Norden des Landes oberflächennahe Schwachschichten in Form von kaltem, lockeren Pulverschnee, Oberflächenreif bzw. Wildschnee. Durch den, während der Woche recht häufigen Windeinfluss (zumindest in größeren Höhen) wurde dieser Schnee mitunter verfrachtet, sodass großflächig zusammenhängende, lockere Schichten mit zunehmender Seehöhe seltener werden. Dies bedingt, dass auf diesen Schwachschichten großflächigere Schneebrettlawinen die Ausnahme darstellen sollten. (Ausnahme: Bisher windgeschützte Gebiete, wie z.B. lichter Waldgrenzbereich).
Lockere, kalte Schneeoberfläche in den südlichen Ötztaler Alpen (Foto: 29.01.2019) |
Eine locker aufgebaute Schneeoberfläche in der Kelchsau in den Kitzbüheler Alpen (Foto: 27.01.2019) |
Konsequenzen
Neuschnee samt dem durch starken bis stürmischen Wind verfrachteten Schnee werden die Schneedecke zusehends belasten. Die Lawinengefahr steigt deshalb in den niederschlagsreichen Regionen auch entsprechend rasch an und wird spätestens am Samstag, den 02.02. groß werden. Wir erwarten zahlreiche spontane Lawinenabgänge. Gehäuft werden diese in den bisher wenig vom Wind beeinflussten Gebieten, wie z.B. dem lichten Waldgrenzbereich oder bisher windgeschützten Karen abgehen. Die vergleichsweise größten Lawinen erwarten wir aufgrund der vorherrschenden Windrichtung und des Schneedeckenaufbaus im Sektor NW über N bis NO. Aufgrund der in Summe bisher geringen Schneemächtigkeit sind extrem große Lawinen nicht zu erwarten.
Da der Schnee bis etwa 1800m hinauf feucht fallen soll, werden zudem vermehrt Gleitschneelawinen ein Thema sein. Diese können auf steilen Wiesenhängen abgleiten und gebietsweise, exponierte Straßenabschnitte gefährden.
Gleitschneelawinen auf steilen Wiesenhängen, besonders dort, wo es viel schneit und der Schnee nass ist bzw. wo es massiv in die Schneedecke reinregnet. Zillertal. (Foto: 19.01.2019) |
Weiters zu beachten: Bäume, die aufgrund der Schneeauflast umfallen bzw. deren Äste brechen könnten...
Neben der Lawinengefahr in den neuschneereichen Regionen auch ein Thema... Stubaital (Foto: 30.01.2019) |
Für den Wintersportler herrschen in den niederschlagsreichen Gebieten durchwegs sehr heikle und sehr gefährliche Verhältnisse!
Weiter im Norden, dort wo es weniger schneit, ist ebenso Zurückhaltung angebracht. Dort können Triebschneepakete weiterhin recht leicht von einzelnen Wintersportlern gestört werden. Hier gilt das zuvor geschriebene bzgl. der flächenhaften Verbreitung von oberflächennahen Schwachschichten in Bezug auf bisherigen Windeinfluss.
Starker bis stürmischer Wind wird auch während der kommenden Tage viel Schnee verfrachten und mitunter gefährliche Triebschneepakete bilden. Tuxer Alpen (Foto: 27.01.2019) |
In den Kitzbüheler Alpen wurden während der vergangenen Tage einige Lawinen von Wintersportlern (auf oberflächennahen Schwachschichten, wie z.B. Oberlfächenreif) ausgelöst. (Foto: 27.01.2019) |
Rissbildungen, wie hier in den Tuxer Alpen weisen auf eine störanfällige Schneedecke hin: Triebschnee auf Oberflächenreif bzw. lockerem, kaltem Pulverschnee. (Foto: 25.01.2019) |
Rückblick
Vergangene Woche vom 24.01.-31.01.2019
Wie schon angesprochen, war die vergangene Woche wechselhaft. Wer gut plante, konnte allerdings sowohl Sonnenschein, als auch recht gute Bedingungen (bei entsprechender Geländewahl) genießen.
Kurz und bündig: Wechselhaft. Station Puitegg im Mieminger Gebirge |
Immer wieder schneite es in Tirol. |
Vergangenes Monat: Jänner 2019
Der Jänner 2019 geht laut ZAMG-Wetterdienststelle mit einigen Superlativen zu Ende:
Der Norden war überdurchschnittlich schneereich (ca. 150% vom Mittel). Es handelte sich dabei um einen der 10 niederschlagsreichsten Jänner der vergangenen 160 Jahre. Die 15-tägige Neuschneesumme (zwischen 01.01. und 15.01.) war mancherorts auch rekordverdächtig und betrug beispielsweise in Hochfilzen 451cm. Dies entspricht einem Ereignis, dass seltener als einmal in 100 Jahren auftritt. Im Süden (südliche Teile Osttirols) fielen hingegen z.T. nur 20% der für dieses Monat normalen Niederschlagssummen.
Niederschlag Jänner 2019: Vergleich des Niederschlags mit dem Mittel 1981-2010. 100 Prozent entsprechen dem Mittelwert. Auswertung mit SPARTACUS-Daten bis inkl. 29.1.2019. (Quelle: ZAMG) |
Betrachtet man die Temperatur so handelte es sich um einen kalten Jänner. Auf den Bergen war dieser der kälteste seit über 30 Jahren. Der tiefste in Tirol gemessene Wert betrug am 11.01.2019 -25,5°C am 3437m hohen Brunnekogel am Pitztaler Gletscher.
Temperatur Jänner 2019: Abweichung der Temperatur vom Mittel 1981-2010. Auswertung mit SPARTACUS-Daten bis inkl. 29.1.2019 (Quelle: ZAMG) |