Gestern am 10.01. hatten einige Lawinenkommissionen Osttirols Erkundungsflüge mit dem von der Alpinpolizei betriebenen Landeshubschrauber durchgeführt. Aus der Luft machten sie sich ein Bild über die kürzliche Lawinenaktivität und mögliche Gefahrenbereiche. Vorab gleich die gute Meldung: Die Situation hat sich deutlich entspannt. Noch am Vormittag des 10.01. wurden die aufgrund von Lawinengefahr gesperrten Straßen wieder geöffnet. Was bleibt ist das in ganz Tirol vorherrschende Gleitschneeproblem, also das Abgleiten von Schnee auf steilen Wiesenhängen.
Die Lawinenaktivität war unterschiedlich. Es dominierten Gleitschneelawinen. In Zentralosttirol und im Südlichen Osttirol lösten sich zum Teil auch große Schneebrettlawinen. Dabei waren alle Hangrichtungen betroffen. Schattseitig konnte man eine erhöhte Aktivität von etwa 2000m aufwärts beobachten, in besonnten Hängen betraf es ein Höhenband zwischen etwa 2200m und 2700m. Dieses Bild deckt sich auch sehr gut mit dem vor den Schneefällen angenommenen, störanfälligsten Bereichen.
Anriss einer Schneebrettlawine im Defereggental, Zentralosttirol (Foto: 10.01.2018)
Die unseres Wissens größte Lawine ging unterhalb des Deferegger Pfannhorns im schattigen, sehr steilen Gelände im Bereich des Stallersattels ab. Die Lawine erstreckte sich über eine Breite von ca. 1km.
Großflächiger Lawinenabgang Deferegger Pfannhorn, Nord, ca. 2750m, Defereggental, Zentralosttirol (Foto: 10.01.2018)
Lawinenabgang Deferegger Pfannhorn. Die Lawine verschüttete die gesperrte Straße auf den Staller Sattel (Foto: 10.01.2018)
Beachtlich war auch ein Lawinenabgang im Villgratental unterhalb der Kreuzspitze.
Lawinenabgang Kreuzspitze, Villgratental, Zentralosttirol (Foto: 10.01.2018)
Lawinenablagerungen bei der Galerie der Felbertauernstraße (Foto: 10.01.2018)
Am Grat erkennt man eine Sprengeinrichtung zum Absprengen von Lawinen oberhalb der Felbertauernstraße, im Vordergrund einen teils überwehten Schneebrettanriss (Foto: 10.01.2018)
Die meisten Lawinen lösten sich auf Wiesenhängen in Form von Gleitschneelawinen. Regeneinfluss erhöhte v.a. in tiefen Lagen, wo die Schneedecke bereits tiefergreifend feucht war, die Abgangsbereitschaft.
Ganz frische Gleitschneelawine (links), frische Gleitschneelawine (rechts) (Foto: 10.01.2018)
Blick aus dem Hubschrauber in Richtung Gleitschneelawine (Licht-Schattengrenze) (Foto: 10.01.2018)
Überschneite Anrissbereiche von Gleitschneelawinen im Villgratentgal, Zentralosttirol (Foto: 10.01.2018)
Bei den von uns durchgeführten Schneedeckenuntersuchungen fand man die bekannten Schwachschichten. Brüche konnten sich meist nicht mehr so gut fortpflanzen. Für den Wintersportler erscheinen sehr steile Schattenhängen oberhalb etwa 2200m in den Regionen Zentralosttirol sowie im Südlichen Osttirol am vergleichsweise ungünstigsten. Schneebrettlawinen können dort vermehrt an Übergangsbereichen von wenig zu viel Schnee, zum Teil noch durch geringe Belastung gestört werden. Unter ungünstigen Voraussetzungen können Lawinen dort auch noch größer werden. Im besonnten Gelände schaut es tendenziell besser aus. Dort konnten gestern allerdings beginnend von etwa 2200m aufwärts durch große Belastung im flacheren Gelände vereinzelt noch Setzungsgeräusche provoziert werden.
Nach getaner Arbeit: Schneeprofilaufnahme samt Stabilitätstests im Bereich des Hochgassers in den Osttiroler Tauern. (Foto: 10.01.2018)
Profil an obigem Standort: Es handelte sich um einen vergleichsweise windexponierten Standort. Die kantige Schicht bei 60cm und darunter ist weiter im Süden in windberuhigten Bereichen ausgeprägter und störanfälliger. In oberflächennahen Schichten konnten gestern meist nur mehr Teilbrüche erzeugt werden (Profil vom 10.01.2018)
Die für besonntes Gelände in mittleren und höheren Lagen typische Abfolge von härteren Krusten und weicheren Schichten (Profil vom 10.01.2018)
Sonst noch Berichtenswertes:
In Nordtirol beobachten wir eine weitere Stabilisierung der Schneedecke. Dort bilden inzwischen Gleitschneelawinen das Hauptproblem. In großen Höhen ist noch auf kürzlich gebildeten Triebschnee zu achten. Nach dem Föhnsturm verzeichnete man zum Teil sehr gute Sprengerfolge.
Eine durch Sprengung ausgelöste Lawine im Skigebiet Stubaier Gletscher, Südliche Stubaier Alpen (Foto: 10.01.2018)
Anraum an der Windstation Hochgasser legte die Windmessung lahm. (Foto: 10.01.2018)
Die Südströmung brachte auch etwas Saharastaub nach Tirol. Dieser konnte bis dato nur im Südlichen Osttirol in der Schneedecke beobachtet werden.